Sonntag, 12. Februar 2017

Geschichte des Lernens

Das ursprüngliche Verständnis des Lernens war das, dass er Ausgelernte, der Meister, die Autorität seinen Schülern, den Lehrlingen und Gesellen, sein Wissen weitergibt.
(Im folgenden wird die europäisch-arabische Entwicklung betrachtet. Das asiatische Lernsystem betonte noch länger als das westliche die Autorität, so z.B. das chinesische Prüfungssystem.
Bald erkannte man freilich, dass damit die Ausbreitung des Wissens eingeschränkt wurde. Auf die Lehrjahre folgten die Wanderjahre, wo der Lernende von Autorität zu Autorität weiter zog. Im arabischen Raum blieb daher noch lange die mündliche Autorität wichtiger als die schriftliche. Doch auch bei stärkerer Betonung der Schriftkultur war lange Zeit das Lehrbuch, das was man auswendig zu lernen hatte, die absolute Autorität. Daneben entwickelte sich freilich schon früh das sokratischen Prinzip, das fragend-entwickelnde Verfahren, das Schüler dazu anregen sollte, sich ihre eigenen Fragen zu stellen
Das Verständnis, dass man von Autoritäten zu lernen habe, blieb bis ins späte Mittelalter vorherrschend. Damals hatte Aristoteles eine größere Autorität als, was man mit eigenen Augen sah, und als Experimente.
Doch schon mit den Universitäten wurde dies Verständnis aufgelockert. Die Professoren standen im Prinzip als gleichberechtigte Autoritäten nebeneinander, die sich aber gleichzeitig als Lernende verstanden. Ein Beispiel dafür ist, dass der Name für die Professoren an den britischen Universitätskirche Fellows (Kameraden).
Dies Lernen blieb aber nicht auf die eigene Universität beschränkt. Durch umfassenden Schriftverkehr versuchten die Lehrer sich gegenseitig zu belehren. Die Humanisten, nicht zuletzt Erasmus von Rotterdam, entwickelten eine Hochkultur des Schriftverkehrs. Mit den königlichen Akademien und in der Aufklärung wurde er sogar noch stärker ausgeweitet.
Das Verständnis des lebenslangen Lernens galt für die Meister ihres Fachs also schon früh. Prominentester Vertreter war Sokrates.

Was aber hat sich verändert, dass inzwischen schon Schülern empfohlen wird, ein persönliches Lernnetzwerk aufzubauen? 

Veränderung des Lernens durch das Internet

Für den Betrachter, der vor der ständigen Verfügbarkeit des Internets sozialisiert wurde, kann leicht der Eindruck entstehen, als bedürfte es zur Problemlösung nur in des Zugriffs auf das Internet, um dort das notwendige Wissen abzurufen.
Der mühsame Weg der Wissenskonstruktion, wo man in seinen Lehrjahren bei einem Meister lernte, in seinen Wanderjahren das Wissen anderer Meister kennenlernte und seinem Wissensschatz zufügte, scheint übersprungen zu sein, weil man auf das Wissen aller Meister gleichzeitig an einem Ort zugreifen kann.
Doch erfahrungsgemäß führt die Suchmaschine den einen sehr rasch auf hilfreiche Lösungsstrategien, während der andere seine Suche frustriert ergebnislos abbricht.
In Frageforen heißt dann die Formel: "Im Internet steht dazu nichts Brauchbares." Und die Antwort lautet nicht ganz selten: "Nie etwas von Google gehört?"

Zunächst scheint es an den Suchstrategien zu liegen. Man brauche also nur Suchstrategien zu lernen, um die richtigen Lösungen zu finden. Freilich kann dieselbe Internetseite, die den eigenen zur Lösung führt, für den anderen einen undurchdringlichen Verhau von Unverständlichkeiten darstellen. Ein Schüler brachte es einmal auf die anschauliche Kurzformel: "Von diesem Text verstehe ich nur "und" und "oder" .